Pressemitteilung „SeLv“

 

Forschungen zu Wasserstoff-Lkw: Bund fördert PEM mit 16,9 Millionen Euro

Im Zuge des Forschungsprojektes „SeLv“ untersucht das PEM der RWTH Aachen die Entwicklung eines modularen Antriebstrangs für Schwerlastfahrzeuge. Die Integration eines Brennstoffzellensystems in den Antriebsstrang ermöglicht hierbei die Verwendung des Antriebsstrangs in verschiedenen Konfigurationen und Einsatzbereichen. Zentrales Ziel des Forschungsprojektes sind die Industrialisierung der Produktionsprozesse sowie die Konzeption und Validierung des modularen Elektrifizierungsbaukastens.

Mit etwa 20 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen ist der Verkehrs- und Mobilitätssektor einer der größten Emittenten in Deutschland. 35 Prozent davon entfallen auf den Güter- und Warenverkehr. Im Gegensatz zu den Entwicklungen des Personenverkehrs steht die Elektrifizierung des Güterverkehrs jedoch noch in den Startlöchern. Insbesondere für Heavy Duty Fahrzeuge über 12 Tonnen und Sattelzugmaschinen mit täglichem Reichweitenbedarf von über 400 km gilt die Elektrifizierung mittels Batterietechnologie als schwierig umsetzbar und wird daher bislang nur in geringem Maße betrieben.

An dieser Stelle setzt das Forschungsprojekt „SeLv – Schwere Lastkraftwagen für die emissionsfreie Logistik im Schwerlastverkehr mittels Elektrifizierungsbaukasten und wirtschaftlichem Produktionssystem“ an. Durch die Entwicklung eines brennstoffzellenbasierten, modularen Antriebsstrangbaukastens wird die Ausrüstung von Schwerlastfahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieben ermöglicht. Auf der einen Seite schließen die technischen Vorteile der Wasserstoffbrennstoffzelle die von batterieelektrischen Fahrzeugen hinterlassene Lücke durch höhere Reichweiten und größere Massen, um technisch eine gleichwertige Alternative zu dieselbetriebenen Fahrzeugen zu bieten. Auf der anderen Seite werden durch die Integration einer Traktionsbatterie neue Nutzungsszenarien ermöglicht indem ausreichende Flexibilität bei der Leistungsbereitstellung gewährleistet wird. Die Erforschung optimaler Betriebsstrategien der beiden Komponenten ist ebenfalls Bestandteil des Forschungsprojekts.

  Fahrzeugspezifikationen Urheberrecht: © PEM RWTH Aachen  

Zur Erreichung der Klimaziele der Bundesregierung ist die Umstellung auf lokal emissionsfreie Antriebe bei der Produktion von Güterfahrzeugen notwendig, aber nicht ausreichend. Die Elektrifizierung von Bestandfahrzeugen nimmt daher eine zentrale Rolle zur Erfüllung der Flottenziele ein und bestimmt maßgeblich die Konzeption des Elektrifizierungsbaukastens. Durch die modulare Ausführung wird sowohl die Ausrüstung von Neufahrzeugen, als auch die Umrüstung von Bestandsfahrzeugen herstellerunabhängig durchführbar.

"Bei der Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen mit hohen Anforderungen an Reichweite und Nutzlast führt am Wasserstoff kein Weg vorbei. Zur erfolgreichen Industrialisierung dieser Technologie bedarf es konkreter Umsetzungsprojekte. Mit dem SeLv-Projekt setzen wir den Startpunkt hierzu." - Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker MBA, Chair of Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) of RWTH Aachen University

Die technischen Kompetenz-grundlagen für die Gesamt-integration der Einzel-komponenten Elektromotor, Batterie und Brennstoffzelle zu einem funktionierenden Gesamt-system sowie die Fahrzeug-integration, werden durch den Lehrstuhl „Production Engineering of E-Mobility Components“ (PEM) der RWTH Aachen abgedeckt. Zur erfolgreichen Marktpenetration bedarf es insbesondere eine Betrachtung der Industrialisierung der Produktionsprozesse. Mit seiner Expertise in der Produktionstechnik setzt das PEM hier an, um neben den technischen Vorteilen ebenfalls die wirtschaftliche Produktion des Antriebsstrangs zu gewährleisten. Ziel des Forschungsprojektes ist es daher, ein ganzheitliches Produktionssystem um den modularen Elektrifizierungsbaukasten zu entwickeln, welches durch Kommunalitäten auf Komponentenebene Skaleneffekte erzielen kann.

Die erfolgreiche Umsetzung der Ergebnisse und Entwicklungen wird durch ein starkes Netzwerk an Partnern sichergestellt. Neben PEM Motion, Spezialist für batterieelektrische Fahrzeugelektrifizierungen aller Gewichtsklassen, unterstützen mit der DENSO AUTOMOTIVE Deutschland GmbH Experten aus dem Bereich Elektromotoren die Entwicklung des Vorhabens. Flankiert wird das Konsortium durch die Entwicklung eines modularen Brennstoffzellensystems durch Alternative Energy Driven Solutions – einer Ausgründung an welcher auch der Kompressorspezialist NEUMAN & ESSER aus Übach-Palenberg beteiligt ist. Eine Erprobung der Fahrzeuge wird im Zuge von Einsätzen bei den potenziellen Anwendungspartnern Henkel AG & Co. KGaA, Dachser SE sowie DB Schenker angestrebt.

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert. Die Gesamtfördersumme beträgt knapp 16,88 Millionen Euro. Die Fördermaßnahme wird von der NOW GmbH koordiniert. Weitere Informationen zum Projekt sind hier zu finden.

Stimmen zum Projekt:

Mit alternativen Antrieben wollen wir hin zur Nullemissionslogistik auf der Straße. Deshalb unterstützen wir die Unternehmen dabei, nachhaltige Antriebstechnologien zur Marktreife zu bringen und einzusetzen. Die Frage ist nicht, ob, sondern wann batterieelektrische und Wasserstoff- sowie Brennstoffzellen-Antriebe im Straßengüterverkehr wettbewerbsfähig sein werden. Wir packen das Thema aktiv an, denn rund 90 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehrssektor kommen vom Straßenverkehr, ein Drittel davon machen Lkw aus.

Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister

Bei DENSO arbeiten wir schon seit vielen Jahren an der PKW-Elektrifizierung. Seitdem haben wir schon mehrere Millionen Wechselrichter (Inverter) und E-Maschinen in Serie hergestellt und möchten dies nun auch aufgrund steigender Nachfrage auf den LKW übertragen. Dazu werden wir im Rahmen von SeLv mehrere 800V-E-Maschinen als Technologieträger aufbauen, welche sich sowohl für die Anwendung in einem Brennstoffzellen-Fahrzeug als auch in einem batteriebetriebenen Fahrzeug eignen.

Ulrich Schwarz, Director EU Electrification / Deputy Head of Aachen Engineering Center, DENSO AUTOMOTIVE Deutschland GmbH

Durch die Verwendung reinen Wasserstoffs in Brennstoffzellenantrieben können technische Vorteile realisiert werden, die von vollständig batteriebetriebenen Nutzfahrzeugen nicht abgebildet werden können. Größere Gesamtreichweiten bei gleichzeitig mehr Zuladung und vielseitige Einsatzmöglichkeiten unterstreichen die Attraktivität der Kombination beider Technologien. In der praktischen Anwendung sind Brennstoffzellenaggregate durch hohe Lebensdauer und wartungsarmen Betrieb ebenfalls wirtschaftlich attraktiv für die Flottenbetreiber. Die Entwicklung der Antriebssysteme allein hilft jedoch nicht bei der Erreichung der Flotten- und Klimaziele, weshalb wir besonderen Wert auf die Nachrüstbarkeit der Antriebslösungen legen. Das SeLv-Projekt liefert daher mit seinem modularen Antriebsbaukasten die idealen Voraussetzungen für eine nachhaltige Elektrifizierung sowohl bestehender als auch zukünftiger Nutzfahrzeugflotten.

Tobias Reil, Geschäftsführer der AE Driven Solutions GmbH

Die Logistikbranche zeichnet sich von der Citylogistik bis zur Werkslogistik durch hohe Diversität aus, womit ebenfalls eine hohe Diversität der Anforderungen an die Fahrzeuge einhergeht. Um die Mobilität der Zukunft zu gestalten benötigen wir daher Lösungen, die an die Anforderungen der Logistikdienstleister angepasst werden können. Hierzu sind nicht nur innovative Antriebsstränge erforderlich, sondern eine ganzheitliche Systembetrachtung und ein modularer Aufbau. Im Rahmen des SeLv-Projekts wird diese Problematik thematisiert und die diversen Einsatzzwecke bei der technologischen Entwicklung berücksichtigt. Daher freuen wir uns dieses Projekt zu unterstützen.

Dr. Christoph Deutskens, Geschäftsführer der PEM Motion GmbH

Henkel will bis 2040 ein klimapositives Unternehmen werden und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ein wichtiges Ziel unserer Transport- und Logistikkonzepte ist es daher, unsere Emissionen zu verringern. Dafür müssen wir offen sein für verschiedene Technologien und Antriebe – und in dem Einsatz von Wasserstoff-Antrieb im Schwerlastverkehr sehen wir eine der Zukunftslösungen.

Henkel AG & Co. KGaA

Forschung und Entwicklung im Bereich H2-Brennstoffzellen-Lkw ist ein wesentlicher Baustein auf dem Weg hin zu einer Null-Emissionslogistik.

Andre Kranke, Department Head, R&D Trends and Technology Research, Dachser SE

26.01.2021